Die Geschichte der Wikinger
Eine gewalttätige Gesellschaft |

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Ein Hinweis auf die Gewalttätigkeit der Gesellschaft ist die Tatsache, dass fast alle Männergräber Waffen enthalten. Ein gut ausgerüsteter Krieger musste ein Schwert haben, einen Holzschild mit einem Eisenbuckel in der Mitte zum Schutz der Hand, Speer, Axt und einen Bogen mit bis zu 24 Pfeilen. Helm und Brünne, mit denen Wikinger auf modernen Bildern häufig dargestellt werden, gibt es nur äußerst selten unter den archäologischen Funden. Helme mit Hörnern, die auf den Bildern so oft zur "Ausrüstung eines Wikingers" gehören, sind unter den echten Gegenständen aus der Wikingerzeit noch nie vorgekommen.
Selbst mit Waffen reichlich ausgestattete Gräber gewähren uns einen Einblick in friedlichere Tätigkeiten: Sichel, Sense und Hacke liegen Seite an Seite mit den Waffen; der Schmied hat seinen Hammer sowie Amboss, Zange und Feile bei sich. Dem Küstenbauern, der häufig in seinem Boot beigesetzt wurde, hat man sein Fischfanggerät mitgegeben. In den Frauengräbern finden wir persönlichen Schmuck, Küchengerät und Werkzeug zur Herstellung von Textilien. Auch Frauen wurden häufig in einem Schiff bestattet. Gegenstände aus Holz, Textil und Leder sind nur selten erhalten geblieben, so dass unsere Kenntnisse große Lücken aufweisen. In einigen wenigen Gräbern hat das Erdreich mehr bewahrt als sonst üblich. Entlang dem Oslofjord liegt direkt unter der Grasnarbe Tonerde, die so dicht ist, dass weder Luft noch Wasser durchdringen können.
Einige Gräber sind nach tausend Jahren noch gut erhalten, und hier finden wir die ganze Palette von Gegenständen, die dem Verstorbenen einst mitgegeben wurden. Die Schätze der enormen Wikingerschiffgräber von Oseberg, Tune und Gokstad ausgestellt im Wikingerschiff-Museum auf Bygdøy in Oslo sind ein Paradebeispiel dafür, was unter günstigen Umständen an Material für die Nachzeit erhalten bleiben kann. Wir wissen nicht, wer die Toten sind, aber der Pracht nach zu urteilen müssen sie Standespersonen gewesen sein. Vielleicht waren sie sogar Mitglieder der königlichen Familie, unter der Norwegen später eine geeinte Nation wurde.
Die altnordischen Götter
Am Ende der Wikingerzeit wurde das Christentum in den nordischen Ländern allgemein akzeptiert. Es war an die Stelle eines heidnischen Götterglaubens mit all seinen Göttern und Göttinnen getreten, von denen jeder die Macht in einem bestimmten Teilbereich des menschlichen Daseins hatte. Odin, alt und weise, war der Häuptling der Götter. Thor war der Gott der Krieger, während Freya für die Fruchtbarkeit des Bodens und des Viehs sorgte. Loki war der Zauberei kundig, war aber so unzuverlässig, dass die Götter ihm nur wenig vertrauten. Die Götter hatten gefährliche Gegner, die Riesen (Jötun), die die dunklen und düsteren Seiten des Daseins repräsentierten.
Am besten kennen wir die heidnischen Götter aus Schilderungen aus der frühen christlichen Zeit, wobei der neue Glaube diese Beschreibungen möglicherweise gefärbt hat. In Namen von Gehöften wie Thorshov, Frøyshov und Onsaker erkennen wir Namen heidnischer Götter wieder. Namen mit der Nachsilbe "hov" besagen, dass auf dem Gehöft ein heidnischer Tempel gestanden haben muss.
Die Götter hatten menschliche Züge und lebten wie die griechischen Götter des Olymps ein raues Leben. Sie bekämpften einander, aßen und tranken. Sterbliche, die im Kampf fielen, gingen direkt an den Tisch der Götter, um mit ihnen zu schmausen, und den Bestattungssitten nach zu urteilen benötigten die Toten im Jenseits die gleiche Ausrüstung wie auf Erden.
In der Wikingerzeit wurden die Toten entweder eingeäschert oder aber unverbrannt bestattet. Grabbeigaben waren jedoch in beiden Fällen Sitte. Die Menge der Beigaben spiegelte sowohl Unterschiede in den Bestattungssitten als auch Statusunterschiede in der Gesellschaft wider. In Norwegen gab es besonders reiche Bestattungstraditionen. Daher stellen die Gräber eine überaus fruchtbare Quelle für unsere Kenntnisse über das Alltagsleben der Wikinger dar.
Die zahllosen Gegenstände, die zum Gebrauch im Leben nach dem Tod mitgegeben wurden, vermitteln uns einen genauen und detaillierten Einblick in die Welt der Wikinger, obwohl natürlich vieles im Lauf der Zeit zerstört worden ist, so dass von der ursprünglichen Ausstattung eines Wikingergrabs meistens nur Reste übrig sind.
Goldenes Miniaturschiff, vermutlich Weihegabe

Die Grabfunde ergänzen unser Material von den ausgegrabenen Wohnsiedlungen. Hier in Städten und auf Höfen liegen verlegte und beschädigte Gegenstände, Überreste von Häusern, Essens- und Handwerksabfälle, und in den Gräbern finden wir die schönsten und wertvollsten Gegenstände aus der persönlichen Habe des Toten. In den Gesetzestexten gibt es Andeutungen darüber, dass das, was wir heute Produktionsmittel nennen Land und Vieh der Familie gehörte. Grabbeigaben bestanden ausschließlich aus persönlichem Eigentum.